Dienstag, 4. September 2007

"wie es ist" (wenn was war?)

Silke Leverkühne, Holger Bunk, Andreas Schulze, Milan Kunc. Früh in den 80ern waren das heiße Namen, warum das so war, erklärt der Katalog mit ausführlichen Interviews, die ein schönes Sittenbild der hiesigen Akademie geben. Die Ausstellung beschränkt sich darauf, vier große monographische Blöcke zu präsentieren, und innerhalb jeden Blocks den Spagat zwischen damals und heute zu versuchen.

Ziemlich einleuchtend war ein fragender Einwurf eines Künstlerkollegen am Eröffnungsabend, worin sich wohl die Haltung der vier Maler von der Arbeitshaltung der Maler der vorangegangenen Ausstellung (compilation III) unterscheide. Denn das tut sie natürlich ziemlich deutlich.

Ich kann mir zum Beispiel kaum vorstellen, daß sich heute eine Malerei so ungebrochen auf Cezanne oder Bonnard besinnt, wie die frühen Arbeiten von Silke Leverkühne. Später kommen Erinnerungen an die florentinische Renaissance hinzu, die großformatigen Treppenstufen sind ein Beispiel. Ich bin auch nicht der Meinung, daß ihre Motive besonders hart am Alltag sind (der Pressetext sagt so etwas ähnliches), die frühen Szenen am Bahnhof oder an der Haltestelle (aus dem Kopf aufgezählt) sind eher Stilleben im Stile Cezannes. Neuere Arbeiten erinnern an Partien aus Liebermann-Bildern, und spätestens jetzt kommt der eine oder andere ins Grübeln: Jemand wie Shila Khatami (willkürliches Beispiel, weil unten erwähnt) gibt wenigstens zu erkennen, daß sie weiß, welche Auseinandersetzungen heute nur noch Schattenboxen sind. In Silkes Arbeiten gibt es die Abkehr der Jungen von den Eltern nicht, die Malerei ist ihr eine Welt der Freunde, Lehrer und Kollegen. Ist das als Nörgelei gemeint? Nein.

Es ist seltsam, wie hier jemand eine eigene avantgarde-diskurs-resistente Malerei gesponnen hat, zu Zeiten in denen an der hiesigen Akademie (glaubt man Zeitzeugen, die nicht im Katalog vorkommen) von Frauen eher Kochen als Malen erwartet wurde. Beharrlich jedenfalls, vielleicht auch stur, jedenfalls aber un-smart - nach heutigen Maßstäben. Die ich jetzt mal für einen Moment ausblende.

Holger Bunk. Hätte ich mehr Zeit, würde ich ihm einen langen Text widmen, ich glaube, das könnte sich lohnen. Seit seinen frühen Arbeiten passiert auf den ersten Blick nicht viel im Bild, man blickt in Räume, hin und wieder Landschaften, bis auf wenige Ausnahmen bewegen sich Menschen darin, oder versuchen es wenigstens. Manche stehen auch einfach nur darin, davor, oben drauf. Räume, Bauten, Möbel und die Bewohner-Körper passen nicht so richtig zusammen, die Verschiebungen in der Perspektive und den Proportionen werden so gerade durch die Malerei zusammengehalten. Ein (fiktiver?) Körper besucht eine Bilderwelt aus Räumen, die ihm nicht passen wollen. Wahrscheinlich bewahrt ihre phlegmatische Grundhaltung die Figur davor, diese surrealen Situationen in einen rüden Expressionismus umzubiegen, wie es dann Dahn, Fetting, Dokoupil und Co. probiert haben.

Etwa zur gleichen Zeit begann Thomas Schütte Modelle und Bauten als reine Konzepte zu formulieren und als Skulpturen zu bauen. Er versuchte gar nicht erst, einen Besucher oder gar sich selbst dort hinein zu versetzen. Die Frage, mit der Holger Bunk zu seinen Bildern zitiert wird ("fortdauernde Suche nach dem ,Wo bin ich?' " ) ) wäre Schütte wahrscheinlich zu persönlich gewesen. Im Gegensatz dazu beziehen Holger Bunks Arbeiten (die übrigens in ihrer Farbpalette manchmal denen von Silke Leverkühne ähneln - Stoff für Generationen von Kunsthistorikern) gerade aus dieser biographischen Note ihre Spannung: "Wie bin ich hierhin gekommen und was soll ich hier".

Andreas Schulze: Scharf. Fand ich damals doof, heute find ichs scharf. Grobes Gepinsel, aber jeder Strich sitzt und braucht kein Meta-Dingens um ein gutes Bild zu sein.

Milan Kunc: Früher nicht. Heute immer noch nicht.

Was mir das insgesamt soll, sagt mir der Katalog und das ziemlich gut.



Holger Bunk: Portal / Kastenhäuser, beides: Aquarell, 2004, je ca. 15 x 21cm

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